Vorbereitung und Gewöhnung an das Gelände


.... die Voraussetzung für einen entspannten Ausritt


Vor dem ersten Ausritt

Im Sinne einer vielseitigen Grundausbildung sollten junge Pferde schon sehr früh das Gelände kennenlernen. Ein Patentrezept oder einen verbindlichen Zeitplan gibt es dafür nicht. Es gibt aber einige Regeln, die man vor dem ersten Ausritt berücksichtigen sollte.
Die Aussage "Reiten fängt am Boden an" ist auch für das Gelände zutreffend. Es ist durchaus sinnvoll, dem Pferd das Gelände zunächst an der Hand zu zeigen und es an neue Umweltreize zu gewöhnen. Dafür ist jedoch ein gewisses Maß an Disziplin und Gehorsam erforderlich. Das Pferd muss sich auf jeden Fall zuverlässig führen lassen. Von großem Vorteil ist es, wenn es bereits die Arbeit mit Knotenhalfter und Führseil kennt. Gelegentliches Gelassenheitstraining ist eine weitere Möglichkeit, das Pferd auf das Gelände vorzubereiten.

Für den ersten Ausritt sind die Anforderungen an Pferd und Reiter schon aus Sicherheitsgründen höher. Das Pferd sollte in allen Grundgangarten korrekt ausgebildet sein und Paraden ohne Verzögerung annehmen. Takt, Losgelassenheit und Anlehnung, die ersten Ziele der Ausbildungsskala, sollten ebenfalls erreicht sein.

Für den Reiter gilt: Er sollte nicht nur sattelfest sein, sondern auch einen gut ausbalancierten Sitz haben. Gerade im Gelände ist es wichtig, sich den Unebenheiten des Bodens anzupassen und mit dem Pferd im Gleichgewicht zu bleiben. Außerdem ist eine präzise Hilfengebung nur über einen losgelassenen und geschmeidigen Sitz möglich. Am wichtigsten aber ist es, in kritischen Situationen möglichst ruhig und gelassen zu bleiben, um dem Pferd Vertrauen zu signalisieren. Eine nicht immer leicht zu erfüllende Forderung. Zur Umsetzung gehören schon eine Menge Erfahrung und Routine. Die alte Reiterregel "unerfahrenes Pferd - erfahrener Reiter" hat deshalb bei den ersten Ausritten ihre ganz besondere Berechtigung.


Gefahren vermeiden

Viele riskante Situationen lassen sich vermeiden, wenn das Pferd langsam an das Reiten im Gelände gewöhnt wird. So ist es zum Beispiel sinnvoll, nicht gleich mit einem Ritt ins Gelände zu beginnen, sondern zum Abschluss einer Trainingsstunde, zusammen mit einem ruhigen Pferd, noch einmal im Schritt um den Hof zu reiten. Für den Anfang ist das völlig ausreichend.
Wenn das Pferd dabei ruhig und entspannt bleibt, kann es ins Gelände gehen. Die ersten Male nur im Schritt und Trab und auch nur in einer kleinen Gruppe. (In einer großen Gruppe kann sich schnell eine Herdendynamik entwickeln, die leicht außer Kontrolle gerät.) Ideal ist die Begleitung durch zwei erfahrene Pferde, die den Youngster in ihre Mitte nehmen. Auf keinen Fall sollte das junge Pferd die Führung übernehmen. Es wäre anfangs mit dieser Aufgabe überfordert.

Der erste Galopp in freier Natur ist beim Reiter oft mit leichter Anspannung verbunden. Die Vorstellung, dass das Pferd übermütig wird, buckelt oder vielleicht sogar durchgeht, lässt den Adrenalinspiegel ansteigen. Bei einer guten Vorbereitung ist das Risiko jedoch gering.
Dazu ein paar Ratschläge: Der erste Galopp sollte auf bekanntem Terrain stattfinden und die Strecke sollte relativ kurz sein. Günstig ist eine optische Begrenzung durch einen Knick oder Waldrand, auf den zugeritten wird. Dadurch wird der Bewegungsdrang von vornherein gebremst. Angaloppiert wird grundsätzlich gleichzeitig und nur aus einer ruhigen Situation, möglichst zum Ende des Ausritts, wenn die Pferde ohnehin gelassener sind. Ein zuverlässiges Begleitpferd bietet dabei die beste Unterstützung und die größte Sicherheit.

Als nächster Schritt auf dem Weg zu einem geländesicheren Pferd sollte das Trennen von der Gruppe geübt werden. Bei vielen Pferden ist der Herdentrieb stark ausgeprägt und sie neigen zum "Kleben". Der Grund ist die eigene Unsicherheit und das fehlende Vertrauen zum Reiter. Der Schutz der Gruppe wird vom Pferd höher bewertet als das Vertrauen zu seinem Reiter. Vertrauen lässt sich jedoch nicht einfordern, Vertrauen muss wachsen. Deshalb sollte man sich für die nächste Übung viel Zeit nehmen und nichts erzwingen wollen. Ohnehin sollte man sich im Gelände nicht auf eine Konfrontation mit dem Pferd einlassen. Zu leicht kann aus einem Kleber ein Steiger oder Durchgänger werden.

Zum Üben ist ein freies Feld oder eine größere Wiese erforderlich. Man reitet zunächst in einem ruhigen Trab zu zweit nebeneinander. Auf ein Kommando wendet jeder Reiter gleichzeitig auf eine entgegengesetzte Volte ab. Das Pferd lernt dadurch, dass Trennung nur vorübergehend und nicht endgültig ist. Und genau darin besteht die vertrauensbildende Maßnahme. Nach und nach werden die Volten größer angelegt und zu Kreisen ausgeweitet. Wird der zunehmende Abstand vom Pferd akzeptiert, können kleine, zusätzliche Übungen abseits der Gruppe eingebaut werden. Es wird sicherlich einige Zeit und vor allem Geduld brauchen, bis man mit einem Kleber alleine ausreiten kann, aber Pferde gewöhnen sich letztlich an fast alles.
Das muss nicht immer ein Vorteil sein. Pferde prägen sich z. B. sehr schnell jede Einzelheit im Gelände ein. Ebenso die von den Reitern bevorzugten Galoppstrecken. Sie entwickeln in kurzer Zeit einen "vorauseilenden Gehorsam" und galoppieren bereits am Anfang der Strecke von selbst an. Viel schlimmer noch, sie lassen sich nicht oder nur schwer davon abhalten. Deswegen ist dringend zu empfehlen, die Galoppstrecken - auch wenn sie noch so einladend sind - häufig im Trab, im Schritt oder in entgegengesetzte Richtung zu reiten.
Auch das"Kopf-an-Kopf-Reiten" und das "An-der-Gruppe-vorbei-Reiten" sollte so lange geübt werden, bis es sicher in jeder Gangart gelingt.
So vorbereitet, wird das Reiten in der Natur für Pferd und Reiter zu einem positiven Erlebnis.