- Das Pferd wird an einer auf dem Boden ausgebreiteten Plane (etwa 3 * 4 m) auf gerader Linie und im großen Abstand vorbeigeführt,
gewendet und auf gleichem Weg zurückgeführt.
Der Vorgang wird mehrere Male wiederholt, wobei jedes Mal die Distanz zur Plane etwas verringert wird. Bei Erreichen der Toleranzgrenze erfolgt eine kleine Verschnaufpause. - Die Führperson betritt die Plane, um das Pferd an die Geräusche zu gewöhnen und die Gefahrlosigkeit zu demonstrieren.
- Nach einer weiteren, kurzen Pause wird das Pferd zielstrebig - aber ohne Druck - zur Plane geführt. Die Position an der Schulter
des Pferdes ist hierbei am vorteilhaftesten.
Wahrscheinlich wird das Pferd sich weigern, die Plane zu überqueren und kurz vorher "einfrieren". Jetzt liegt es am Menschen, Gelassenheit zu zeigen und die Neugierde des Pferdes zu nutzen. Es sollte ausgiebig Gelegenheit erhalten, die Plane zu untersuchen (Schnuppern, Berühren, Hufe darauf setzen, etc.). - Das Pferd wird nun "überredet", die Plane zu überqueren.
Die Führperson bleibt an oder kurz hinter der Schulter und achtet darauf, dass das Pferd sich nicht abwendet oder rückwärts tritt. Jeder Schritt in Richtung Plane muss ausgiebig gelobt werden. Für den Anfang ist auch das Überqueren einer Ecke bereits ein Erfolg. - Bei permanenter Verweigerung ist ein vorausgehendes Führpferd oftmals hilfreich.
Es ersetzt das noch nicht vorhandene Vertrauen zum Menschen. - Geht das Pferd wiederholt und ohne zu zögern über die Plane, sollte die Trainingseinheit mit viel Lob beendet werden.
- Für die Übung sollte eine feste, schwere Plane verwendet werden,
keine dünne Folie, die an den Hufen klebt. - Aus Sicherheitsgründen sollte die Führperson nicht vor, sondern neben dem Pferd gehen.
- Oft ist es sinnvoll, die Desensibilisierungsschritte über mehrere Trainingseinheiten zu verteilen.
(Z. B. beim Verladen sich beim ersten Mal damit begnügen, dass das Pferd die Laderampe betritt.)
- Wichtig ist, für jede Sequenz einen positiven und lobenswerten Abschluss zu finden.
- Vorstellen an der Hand (immer die 1. Aufgabe, ansonsten beliebige Reihenfolge)
- aufsteigende Luftballons hinter einer Hecke
- Klapperkarre oder Rappelsack
- Regenschirme
- Rückwärtsrichten oder Rückwärtsrichten in einem Stangen-L
- Sprühflasche
- Bälle aus einer Hecke
- Plane oder Wasserplane
- Brücke
- Stangenfächer
- Flatterbandvorhang
- Stangenkreuz / Knisterpassage
- Mülltonnenpassage
- Stillstehen
- Hufe wässern
- Regenmantel
- Plane über Rücken des Pferdes
Gelassenheitstraining
Welcher Reiter wünscht es sich nicht: ein nervenstarkes, selbstbewusstes und gelassenes Pferd? Die meisten Pferde sind jedoch von Natur aus eher ängstlich und schreckhaft. Es sind Fluchttiere, die ihren Urinstinkten folgen. Für den Menschen ist ihr Verhalten nicht immer vorhersehbar und daher mit einem erhöhten Unfallrisiko verbunden. Allein aus diesem Grund ist es sinnvoll, Pferden Gelassenheit anzutrainieren. Vertrauensbildung zum Menschen, Anerkennung seiner Führungsposition, eine verbesserte Konzentration bei Turnieren und letztlich Abwechslung für das Pferd selbst sind weitere Aspekte, die für ein Gelassenheitstraining sprechen.Die Schreckhaftigkeit und die damit verbundene Bereitschaft zur Flucht sind beim Pferd genetisch veranlagt und mehr oder weniger stark ausgeprägt. Sie lassen sich nie vollständig auslöschen, aber durch Training lässt sich die Reizschwelle herabsetzen. Pferde sind Gewohnheitstiere, sie gewöhnen sich an (fast) alles.
Gelassenheit bei Pferd und Reiterin © Assia Tschernookoff
Lernmethoden
Lernen durch Gewöhnung (Habituation) ist in der Pferdeausbildung eine häufig (oftmals unbewusst) angewandte Methode. Das Pferd soll dabei lernen, auf Reize nicht zu reagieren, wie es z. B. beim Halftern, Trensen, Satteln etc. gewünscht ist. Zur Habituation sind mehrere Lernformen entwickelt worden. Die bekannteste ist die Desensibilisierung. Sie bildet die Grundlage für das Gelassenheitstraining und ist besonders dafür geeignet, um ein Pferd an angstauslösende Reize zu gewöhnen.Die Desensibilisierung basiert auf dem Prinzip der gestuften Reizkonfrontation. Bei dieser Vorgehensweise wird das Pferd in kleinen Lernschritten und mit viel Geduld an die neue, angsteinflößende Situation gewöhnt. Jeder Schritt in die richtige Richtung muss sofort gelobt und mit einer kleinen Pause belohnt werden. Erst, wenn das Pferd wieder ruhig und entspannt ist, wird zum nächsten Schritt übergegangen. Er sollte eine geringfügige Reizsteigerung beinhalten. Auf diese Weise nähert man sich Stufe für Stufe dem eigentlichen Ziel. In keiner Phase darf Zwang ausgeübt oder die Toleranzgrenze des Pferdes überschritten werden. Es soll ja gerade lernen, seine Angst abzubauen und nicht bei jeder schreckhaften Situation sofort mit Flucht zu reagieren. Die natürliche Neugier des Pferdes ist hierbei von großem Vorteil und sollte in den Trainingsablauf einbezogen werden.
Wichtig ist auch, dass es die vermeintliche Gefahr aus unterschiedlichen Positionen und Blickwinkeln sieht. Durch die fehlende Vernetzung seiner beiden Gehirnhälften nimmt es eine Situation mit dem linken Auge anders wahr als mit dem rechten.
Praktische Übungen
Voraussetzung für das Gelassenheitstraining ist ein solides Führtraining. Das Pferd sollte sich zwanglos führen, anhalten und rückwärtsrichten sowie seitwärts dirigieren lassen. Die Arbeit am Führseil ist dafür besonders geeignet, zumal die Grenzen zwischen dem Gelassenheitstraining und der Seilarbeit ohnehin fließend sind.Für die ersten Übungen ist eine Reithalle vorteilhaft. Die Pferde sind dort weniger abgelenkt als auf einem Außenplatz, und sie können nicht wirklich flüchten.
Sicherheitsvorkehrungen für Pferd und Mensch sind bereits für die anderen Bodenarbeitsdisziplinen beschrieben worden. Sie gelten auch hier und sollten beachtet werden.
Ein typisches Beispiel Ein Pferd soll daran gewöhnt werden, über eine Plane oder durch eine Pfütze zu gehen.
Für ein Fluchttier spielt die Bodenbeschaffenheit eine wichtige Rolle. Untergründe, die es nicht kennt, werden instinktiv gemieden. Für das Pferd ist sowohl die Plane als auch die Tiefe der Wasserpfütze unbekannt und somit furchterregend.
Die Vorgehensweise ist in beiden Fällen nahezu identisch. Die einzelnen Stufen für eine systematische Gewöhnung können folgendermaßen aussehen:

Folgen Berühren Schnuppern
Eine zusätzliche Herausforderung besteht darin, Wasser auf die Plane zu gießen. Es ist für das Pferd nicht nur eine völlig neue Situation sondern auch eine deutliche Reizsteigerung. Dieser Schritt sollte erst geübt werden, wenn die "trockene Überquerung" sicher gelingt.
Noch ein paar Tipps:
Scheu- und Schreckhindernisse, wie z. B. hupende oder dicht vorbeifahrende Autos, das zischende Geräusch einer Luftdruckbremse, ein plötzlich aufklappender Regenschirm und vieles mehr sind bei einem Ausritt allgegenwärtig. Hier wird der Fluchtreflex unmittelbar angesprochen. Auch wenn die Gewöhnung an solche Ereignisse etwas länger dauert, das Prinzip bleibt immer gleich: Die Desensibilisierung erfolgt über die schrittweise Annäherung. Auch hierbei ist es wichtig, das Pferd mit der Schrecksituation aus unterschiedlichen Positionen und Blickwinkeln zu konfrontieren.
Die Gelassenheitsprüfung (GHP) wird seit vielen Jahren von der FN angeboten. Ein Wettbewerb, bei dem nicht die sportlichen Leistungen zählen, sondern einzig der Charakter, das Vertrauen, die Aufmerksamkeit und die Erziehung des Pferdes beurteilt werden. Unterschieden wird zwischen einer geführten und gerittenen GHP. Die Prüfung besteht aus 10 Aufgaben (6 Plicht- und 4 variablen Aufgaben).
Pflichtaufgaben:
Variable Aufgaben:
Der von der FN festgelegte Aufgabenkatalog für die GHP bietet auch ohne Wettbewerbsambitionen viele Anregungen für das Training zu Hause. Erst durch die Konfrontation mit möglichst vielen, unterschiedlichen Situationen lernt das Pferd, gelassen zu bleiben. Vorausgesetzt, es macht dabei keine schlechten Erfahrungen.