Verladetraining
Pferde sollten nicht verladen, sondern
eingeladen werden, in einen Hänger zu gehen.
Verladen - ohne Stress und Hektik
Allgemeines
Pferde gehen auf Grund ihres Instinktverhaltens nur mit großem Unbehagen in einen Hänger. Es sind Fluchttiere, die bei Gefahr das Weite suchen. Die Enge eines Hängers erscheint ihnen wie ein höhlenartiges Gebilde oder eine bedrohliche Sackgasse. Der schwankende Untergrund und die lauten, polternden Geräusche wirken zusätzlich furchterregend.Um die natürliche Angst gegenüber einem Hänger zu überwinden und schließlich ganz zu verlieren, braucht es Zeit und Vertrauen. Zeit, die gut investiert ist, denn ein Pferd, das im Schnellverfahren und vielleicht sogar unter Gewaltanwendung das Verladen kennengelernt hat, wird später kaum vertrauensvoll in einen Hänger gehen. Im Gegenteil, anfängliche Schwierigkeiten entwickeln sich häufig zu großen Problemen.
Mit dem Verladetraining sollte man so früh wie möglich beginnen, um für alle Fälle (z. B. eine Fahrt in die Tierklinik) vorbereitet zu sein. Vor der Teilnahme am ersten Turnier sollte ein sicheres Verladen ebenso selbstverständlich sein, um zusätzlichen Stress für das Pferd und peinliche Situationen für alle Beteiligten zu vermeiden.
Voraussetzungen:
Der Hänger sollte in einem technisch einwandfreien Zustand sein und keine Verletzungsrisiken in sich bergen. Wird der Hänger für Übungszwecke ohne Zugmaschine genutzt, ist auf einen sicheren Stand zu achten (Handbremse, Unterlegklötze). Die Laderampe sollte gleichmäßig auf dem Boden aufliegen. Die Verriegelungshebel müssen so eingedreht sein, dass sie nicht seitlich vorstehen. Die Höhe der Sperrstange sollte unbedingt zur Größe des Pferdes passen. Es besteht sonst die Gefahr, dass das Pferd sich mit der Kruppe darunter schiebt und in Panik gerät.Um Beinverletzungen vorzubeugen, sind Gamaschen sinnvoll. Werden Transportgamaschen verwendet, sollte man das Pferd vorher daran gewöhnen.
Das Pferd sollte auf das erste Verladetraining sorgfältig vorbereitet werden. Es sollte sich widerstandslos führen lassen, auf Kommando nach vorn antreten, sich willig rückwärts und seitlich dirigieren lassen. Die Arbeit mit Knotenhalfter und Führseil ist dafür hervorragend geeignet. Sehr nützlich sind Gelassenheitsübungen, wie zum Beispiel: Das Pferd durch einen Engpass schicken, es über Holzpaletten gehen lassen bzw. es darauf anhalten oder es unter einer dachförmig aufgehängte Plane führen. Ferner ist es sinnvoll, das Pferd mit Berührungsreizen an der Hinterhand vertraut zu machen, damit es später die Sperrstange akzeptiert.
Zur Vorbereitung auf die erste Trainingseinheit sind gute Rahmenbedingungen sehr wichtig. Ein großer, heller Anhänger mit nicht zu steiler Laderampe bietet ideale Voraussetzungen. Beim Aufstellen ist eine stabile, seitliche Begrenzung - z. B. durch eine Bande - oft von Vorteil. Um den Einstiegsbereich freundlich und einladend zu gestalten, sollte das Mittelteil zunächst herausgenommen oder zumindest schräg gestellt werden. Lose Planenteile müssen aufgerollt und gesichert sein. Die Schlupftür im vorderen Bereich darf nicht verschlossen sein. Zur Belohnung und zur Entspannung sollte ein Futterbehälter so angebracht sein, dass das Pferd in normaler Verladeposition daraus bequem fressen kann. Eventuelle Futterreste auf dem Boden des Hängers sollten sorgfältig entfernt werden, damit das Pferd beim Verladen nicht stehen bleibt und diese aufnimmt. Auf keinen Fall sollte man eine "Futterspur" legen!!!
Wichtig: Erst wenn das Pferd ruhig und in normaler Position auf dem Hänger steht, wird die Sperrstange eingeklinkt. Danach wird das Pferd so angebunden, dass es nicht mit dem Kopf unter die vordere Stange geraten kann. Beim Ausladen ist die Reihenfolge umgekehrt.
Der Weg ist das Ziel
Selbstverständlich gibt es nicht nur einen richtigen Weg, der zum Ziel führt. Ob man beim Verladen vorausgeht, das Pferd seitlich in den Hänger begleitet oder aus der treibenden Position heraus agiert, hängt im Wesentlichen vom Verhalten des Pferdes ab. Jede Variante hat ihre Vor- und Nachteile.Variante 1

Führen am Kopf - nicht alle Pferde sind so folgsam
Diese Variante ist für Pferde geeignet, die bereits sicher auf einen Hänger gehen oder wenn ein erfahrener Helfer zur Verfügung steht.
Variante 2

Führen an der Schulter - die bessere Kontrolle
An der Schulter kann man sehr schnell zwischen führender und treibender Position wechseln und das Pferd somit leichter korrigieren (siehe auch: Am Führseil/ Führen -Treiben - Halten). Wird zur Unterstützung eine Gerte benötigt, ist der Standort ebenfalls optimal. Außerdem ist man dichter an der hinteren Sperrstange und hat auf dem Weg dahin das Pferd besser unter Kontrolle. (Man bleibt immer in der treibenden Position, aus der sich das Pferd leichter nach vorne schicken lässt.)
Variante 3
Eine elegante und gefahrlose Art sein Pferd zu verladen besteht darin, es selbstständig in den Hänger gehen zu lassen.
Das Pferd wird bis zur Laderampe geführt und von dort in den Hänger geschickt. Der Mensch bleibt seitlich der Laderampe stehen und kann anschließend aus dieser sicheren Position in aller Ruhe die Sperrstange einklinken. Danach wird das Pferd angebunden.
Beim Ausladen ist die Reihenfolge umgekehrt. Zuerst wird der Führstrick gelöst und über den Rücken des Pferdes gelegt. Dann wird die Sperrstange entfernt und das Pferd zum Rückwärtstreten aufgefordert. Im Vorbeigehen kann der Führstrick ohne Hast und Eile aufgenommen werden.
Diese Variante erfordert bei einigen Pferden etwas mehr Übung und Geduld, garantiert aber ein völlig stressfreies Verladen, ohne fremde Hilfe und mit geringstem Unfallrisiko.
Ein- und Ausladen ohne fremde Hilfe
Variante für den Notfall:
Es gibt Situationen, die ein schnelles Verladen erfordern. Trotzdem gilt es, Ruhe und Umsicht zu bewahren. Gerät ein Pferd erstmal in Panik, wird alles nur noch schlimmer.
Für diese Variante braucht man zwei Longen und zwei erfahrene Helfer. Die Longen werden seitlich am Hänger befestigt. Die Helfer halten die Longen straff gespannt und bilden eine Gasse. Das Pferd wird am Kopf durch diese Gasse zum Hänger geführt. Bleibt das Pferd stehen, wechseln die Helfer ihre Position, sodass sich die Longen hinter dem Pferd kreuzen. Die Schere nur wird soweit zugemacht, bis die Longen die Hinterhand berühren. Tritt das Pferd daraufhin nach vorne an, muss es überschwänglich gelobt werden und bekommt eine kleine Verschnaufpause. Auf keinen Fall dürfen die Helfer sofort die Longen nachführen und damit permanenten Druck auf das Pferd ausüben. (Es soll auch in dieser Situation lernen, dass der Druck augenblicklich nachlässt, wenn es vorwärts geht.) Anschließend werden die Longen wieder behutsam an die Hinterhand gelegt und der Vorgang wiederholt.
Diese Methode birgt ein hohes Verletzungsrisiko. Das Pferd kann steigen und sich in den Longen verheddern, mit aller Kraft nach hinten drängeln oder ausschlagen. Die Beteiligten sollten auf jeden Fall Handschuhe und festes Schuhwerk tragen. Der Lerneffekt für das Pferd ist gering, weil es keine Eigenverantwortung entwickelt. Wie gesagt, eine Methode für den Notfall.
Das Training
Es ist ein großer Vorteil, wenn das Pferd die Arbeit mit Führseil und Knotenhalfter kennt. Zum einen bilden die Übungen eine solide Grundlage für das Verladetraining, zum anderen benehmen sich die meisten Pferde kooperativer, sobald ihnen das Knotenhalfter angelegt wird.Ein Patentrezept für das Verladetraining gibt es nicht, weil jedes Pferd sich anders verhält. Die nachstehend beschriebene Trainingsmethode ist nur eine von mehreren Möglichkeiten. Sie soll am Beispiel der Variante 2 aufgezeigt werden.
Dazu sollte der Hänger auf einem freien, ebenen und möglichst ruhigen Platz stehen. (Eine Reithalle wäre ideal.) Das Mittelteil sollte herausgenommen bzw. schräg gestellt sein, und im Kopfbereich sollte ein Behälter mit etwas Futter zur Belohnung angebracht sein.
Zuerst wird mit dem Pferd wie gewohnt am Seil gearbeitet. (Führen, Rückwärtsrichten, seitliches Dirigieren, Zirkeln etc..) Die Übungen werden dabei mehr und mehr zum Hänger verlagert. Wenn das Pferd die Nähe des Hängers akzeptiert, kann mit dem eigentlichen Verladetraining begonnen werden.
Das Pferd wird an die Verladerampe geführt und bekommt reichlich Gelegenheit, sich mit dem Hänger vertraut zu machen. Es genügt zunächst völlig, wenn es die Laderampe beschnuppert oder vielleicht einen Fuß darauf setzt. Jede positive Reaktion muss sofort überschwänglich gelobt werden. Will das Pferd sich abwenden, wird es wieder freundlich aber bestimmt mit dem Kopf zum Hänger positioniert. Wenn das Pferd mit beiden Vorderbeinen auf der Laderampe steht, sind ein großes Lob und eine kleine Pause (abseits vom Hänger) angebracht.

zielstrebig und auf gerader Linie zum Hänger
Wenn das Pferd das erste Mal mit allen Vieren auf dem Hänger steht, sollte man das Training für den Tag beenden. Würde man in dieser Phase die Sperrstange einklinken, wäre die Reaktion des Pferdes nicht vorhersehbar. Es könnte in Panik geraten und sich mit aller Kraft zurückwerfen. Ein demolierter Hänger wäre die Folge und eine Verletzung des Pferdes wahrscheinlich. Auf jeden Fall wäre das Vertrauen zerstört.

Vor- und Rückwärtsrichten auf dem Hänger
Die Prozedur des Verladens sollte einige Male geübt werden, bevor das Pferd an den Transport gewöhnt wird. Die ersten Fahrten sollten nur kurze Ausflüge sein, die das Pferd mit angenehmen Erlebnissen verbindet (z. B. zum Grasen auf eine Weide, zu einer Wasserstelle oder zu einem unbeschwerten Spaziergang.) Das Verladetraining bedeutet nämlich immer eine Stresssituation. Selbst bei Pferden, die scheinbar gelassen in einen Hänger gehen, steigt der Puls und der Blutdruck. Aufgabe des Menschen ist es daher, ruhig und vertrauensvoll auf das Pferd einzuwirken.
Zum Schluss noch einige Fehler, die man unbedingt vermeiden sollte:
- Das Pferd für Fehlverhalten bestrafen.
(Zur instinktiven Angst vor dem Hänger kommt auch noch die Angst vor der Bestrafung. Lernen und Vertrauensbildung sind so unmöglich!) - Versuchen, das Pferd in den Hänger zu ziehen oder es mit Gewalt festzuhalten.
(Ein aussichtsloses Vorhaben. Das Pferd würde nur lernen, dass es dem Menschen kräftemäßig überlegen ist. Eine fatale Situation, auf die man sich nicht einlassen sollte.) - Eine Futterspur auszulegen.
(Eine überflüssige Maßnahme. Wenn das Pferd der Futterspur folgt, zeigt es nur, dass es keine Angst hat.) - Rückwärts in den Hänger gehen und dem Pferd dabei in die Augen sehen.
(Von der Körpersprache wirkt diese Haltung zurückweisend.) - Selber Zweifel haben.
(Pferde haben eine äußerst feine Antenne für Stimmungen. Die negative Einstellung überträgt sich.)