Halbe und ganze Paraden

In der Reitlehre unterscheidet man zwischen halben und ganzen Paraden. Die Begriffe führen jedoch leicht zu Missverständnissen. Eine ganze Parade ist immer ein Übergang zum Halt. Eine halbe Parade dagegen ist ein Ankündigungssignal für eine unmittelbar folgende Veränderung (z. B. Richtung- u. Gangartenwechsel, Tempoübergänge, eine neue Übung oder Lektion etc.). Aber auch Anlehnung, Gang und Haltung können durch halbe Paraden verbessert bzw. erhalten werden. Halbe Paraden dienen zur feinen Kommunikation zwischen Pferd und Reiter. Sie erhöhen die Aufmerksamkeit des Pferdes.
Die Hilfengebung für eine halbe Parade besteht aus dem Zusammenwirken aller Hilfen. Priorität haben dabei die Gewichts- und vorwärtstreibenden Schenkelhilfen. Sie werden gleichzeitig bei aushaltender oder leicht annehmender Zügelhilfe gegeben, um das Pferd zum vermehrten Untertreten zu veranlassen und es etwas mehr zu versammeln. Die Hand muss sofort wieder weich werden, damit das Pferd nicht in der Parade stecken bleibt. (Eine rückwärtswirkende Zügelhilfe verhindert das Durchschwingen der Hinterbeine und ist die häufigste Fehlerursache!) Der Bewegungsablauf soll in jedem Fall flüssig bleiben.
Wichtig ist der richtige Zeitpunkt, zu dem die halbe Parade erfolgt. Bei einer Ankündigung muss die Parade rechtzeitig gegeben werden, damit das Pferd einen Moment Zeit hat, sich auf die neue Aufgabe einzustellen und nicht damit überfallen wird. Wird die halbe Parade dagegen zur Korrektur eingesetzt, muss sie bereits vorausahnend gegeben werden, um den Fehler gar nicht erst entstehen zu lassen.

Beim Reiten auf gebogenen oder auf geraden Linien, bei denen Stellung und Biegung gefordert wird, erfolgt die halbe Parade mit diagonaler Hilfengebung. (Einseitig belastende Gewichtshilfe durch das gestreckte und geringfügig aus der Hüfte zurückgenommene äußere Bein. Der innerer Schenkel treibt an den äußeren Zügel heran.)

Eine ganze Parade ist immer ein Durchparieren zum Halt! Die Hilfengebung dafür besteht aus einer halben Parade, oder - wenn dies nicht den gewünschten Erfolg hat - aus mehreren aufeinander folgenden halben Paraden. (Vergleichbar einer feindosierten Stotterbremsung beim Auto, um nicht mit quietschenden Reifen zum Stehen zu kommen.)


Beispiel:   Das Angaloppieren aus dem Trab

Das Angaloppieren ist im wahrsten Sinne des Wortes ein "Parade"-Beispiel, weil hier die Reihenfolge und das Zusammenspiel der Reiterhilfen besonders deutlich wird.

1. Ankündigung:
2 - 3 Tritte vor dem ersten Galoppsprung erfolgt die halbe Parade um gegebenenfalls die Aufmerksamkeit des Pferdes wieder herzustellen, und um das Pferd mehr untertreten zu lassen. Die damit verbundene relative Aufrichtung führt zu einer optimalen Ausgangssituation zum Angaloppieren (vergleichbar mit dem Spannen einer Feder).

2. Ausführung:
Innerer Schenkel und innerer Zügel fordern leichte Innenstellung, um sicher auf der richtigen Hand anzugaloppieren.
Die äußere Hand behält die Führung, das äußere Bein geht in verwahrende Position.
Im Moment des Abfußens des inneren Hinterbeines erfolgen gleichzeitig Kreuz- und Schenkelhilfen. (Die innere Hüfte wird etwas nach vorn geschoben und der innere Schenkel gibt den Impuls zum Angaloppieren.)
Wenn daraufhin das Pferd zum ersten Galoppsprung ansetzt, muss die innere Hand nachgeben, um den Sprung herauszulassen, ohne jedoch die Verbindung zum Pferdemaul aufzugeben.

Hinweis:
Damit das Pferd beim Annehmen des Zügels nicht in den Trab zurückfällt, muss während der ersten Galoppsprünge die treibende Hilfe durch den inneren Schenkel etwas intensiver erfolgen. Bei manchen Pferden ist es sinnvoll, grundsätzlich die Galoppsprünge mit der inneren Hand weich und federnd zu begleiten.