Springen im Gelände




Bevor mit der Springausbildung im Gelände begonnen wird, sollte das Pferd Bodenricks und kleine Hindernisse bereits kennen, an Ausritte gewöhnt sein und sicher an den Hilfen stehen.
In der Natur sind die Anforderungen aufgrund der unterschiedlichen Bodenverhältnisse und Geländeformen vielseitiger. Das Pferd muss daher beim Springen mehr Selbständigkeit und Eigeninitiative entwickeln. Es soll lernen, zum Hindernis zu ziehen und es selbständig zu taxieren. Dafür muss es sich rechtzeitig auf das Hindernis konzentrieren können und darf nicht durch den Reiter gestört werden. Die letzten Galoppsprünge vor dem Hindernis gehören dem Pferd! Der Reiter achtet lediglich auf einen gleichmäßigen Rhythmus und auf einen korrekten Anreitweg. (Während der Grundausbildung sollten Sprünge immer mittig und im rechten Winkel angeritten werden.)
Für das Pferd ist jeder neue Sprung und jede neue Hindernisform auch eine neue Herausforderung. Es muss Zeit bekommen, sich damit auseinanderzusetzen. Deshalb ist es sinnvoll, dem Pferd das neue Hindernis zunächst zu zeigen, nicht nur von vorn, sondern auch von der Seite, und zwar auf beiden Händen. (Pferde erfassen ihre Umgebung mit beiden Augen unterschiedlich.)
Wenn möglich, sollten unerfahrene Pferde ein neues Hindernis zuerst ohne Reiter kennenlernen, z. B. an der Longe oder am Führzügel. Unter dem Sattel ist ein vorausgehendes Führpferd immer die beste Lösung.


Die ersten Sprünge sollten über kleine Baumstämme oder niedrige Hecken mit einer seitlichen Begrenzung, sicheren Absprung- und Landestellen und in einem ebenen Gelände erfolgen. Die Sprünge werden zunächst mehrfach aus dem Trab angeritten und später im ruhigen (!) Galopp überwunden. Vergessen Sie nicht, Ihr Pferd anfangs jedesmal nach einem Sprung zu loben! Erst, wenn das Pferd die Sprünge ohne Zögern, ohne Hektik und absolut gelassen annimmt, sollte mit der nächsten Aufgabe begonnen werden.
In der weiteren Vorgehensweise gibt es keine festgelegte Reihenfolge. Voraussetzung für die nächsten Übungen ist jedoch, dass sich das Pferd berauf, bergab und durchs Wasser in allen Gangarten sicher bewegt.






Auf- und Absprünge werden zunächst an kleinen Geländestufen spielerisch geübt. Begonnen wird grundsätzlich mit den Aufsprüngen, weil Pferd und Reiter sich dabei besser ausbalancieren können und sich somit sicherer fühlen. Der Aufsprung wird mit einem etwas erhöhten Grundtempo angeritten, um genügend Bewegungsenergie für den Sprung bereitzuhalten. Der Reiter muss dabei das Gefühl haben, das Pferd vor sich zu haben. Beim Absprung (Tiefsprung) muss das Tempo deutlich zurückgenommen werden, damit das Pferd den Bewegungsüberschuss beim Landen auffangen kann und nicht ins Stolpern gerät. Zu Beginn sollten Absprünge nur im Trab oder aus dem Schritt geübt werden.
Der Reiter muss sich mit seinem Oberkörper dem Bewegungsablauf anpassen. (Hilfreich ist dabei die Vorstellung, seinen Oberkörper so zu bewegen, als würde man selbst den Sprung aus dem Schritt überwinden.) Die Unterschenkel bleiben am Gurt und bilden in Verbindung mit einem gut durchfedernden Absatz das Fundament. Die Zügel lässt man beim Tiefsprung etwas durch die Hand gleiten, um auch noch bei einem nahezu senkrechten Sitz dem Pferd die erforderliche Halsdehnung zum Ausbalancieren zu ermöglichen. Der Blick ist immer nach vorn (nie nach unten) gerichtet.
Mit zunehmender Sicherheit können die Geländestufen mit zusätzlichen Hindernissen kombiniert werden.


Sprünge gegen den Hang oder hangabwärts sind reittechnisch genauso wie Auf- und Absprünge zu behandeln.




Wasserhindernisse unterliegen ähnlichen Kriterien wie Auf- und Absprünge. Vergleichbar mit den Aufsprüngen werden bei Wasserhindernissen zuerst die Aussprünge trainiert. Auch hier ist ein frisches Grundtempo und ein an den Hilfen stehendes Pferd wichtig. Ein am Ufer liegender, kleiner Baumstamm ist ein niedriges und einladendes, aber trotzdem respektables Hindernis.
Beim Einsprung ins Wasser muss der Reiter auf das plötzliche Abbremsen der Bewegung gefasst sein und darf mit seinem Oberkörper nicht nach vorne fallen. Das Zügelmaß muss - wie bei jedem Tiefsprung - verlängert werden, um die erforderliche Halsdehnung zuzulassen.

Gräben sind typische Hindernisse im Gelände. Man unterscheidet zwischen Wassergräben und trockenen Gräben. Beide können offen oder überbaut sein. Sprünge über Wassergräben haben meistens eine Überbauung, damit das Pferd über das Wasser und nicht etwa ins Wasser springt.
Wie immer, wird vom Leichten zum Schweren trainiert. Begonnen wird mit einem schmalen, trockenen Graben, der aus dem Trab angeritten wird. Nach mehrmaligen, gelungenen Trabsprüngen wird derselbe Graben im Galopp geübt. Erst, wenn diese Übungen gefestigt sind, können auch schwierigere Sprünge trainiert werden.

Das Coffin - auch als Pulvermanns Grab bekannt - ist eine anspruchsvolle Kombination aus Einsprung, Graben und Aussprung mit jeweils ein oder zwei dazwischenliegenden Galoppsprüngen. Die Breite des Grabens, die Steilheit der Senke und die Höhe des Ein- und Aussprungs bestimmen die Leistungsanforderungen. Die größte Schwierigkeit liegt jedoch darin, dass das Pferd vor dem Absprung noch nicht sehen kann, was danach kommt. Es bedarf schon sehr viel Vertrauen zum Reiter, um sich auf eine solche Situation einzulassen.



Deshalb noch einmal der Rat: Verspielen Sie nicht leichtfertig das Vertrauen Ihres Pferdes. Üben Sie immer nur in kleinen Schritten. Festigen Sie das Erlernte, bevor Sie sich der nächsten Aufgabe zuwenden. Überfordern Sie nicht ihr Pferd, motivieren Sie es. Üben Sie nie Zwang aus. Mit einem Lächeln geht alles besser.