Schulterherein
Schulterherein auf 3 Hufschlaglinien
Im Schulterherein bewegt sich das Pferd auf drei Hufschlaglinien. Von vorne betrachtet fußt das innere Hinterbein in die Spur des äußeren Vorderbeins.
Die Übung besitzt einen hohen gymnastischen Wert. Das Pferd muss vermehrt mit dem inneren Hinterbein unter seinen Schwerpunkt treten. Dadurch wird die Tragkraft der Hinterhand und die Hankenbeugung verbessert. Ein weiterer Schritt in Richtung Versammlung. Schenkelgehorsam und Längsbiegung werden verbessert und durch das Kreuzen der Vorderbeine wird die Schulterfreiheit gefördert.
In der barocken Form wird das Schulterherein mit einer Abstellung von ungefähr 45° und etwas weniger Biegung geritten. Bedingt durch die größere Abstellung muss das Pferd auch mit den Hinterbeinen kreuzen und es entstehen somit vier Hufschlaglinien.
Legende
Hilfengebung
Die Vorstellung des Reiters, eine Volte einzuleiten, dann aber doch unter Beibehaltung der Längsbiegung geradeaus weiter zu reiten, ist oft sehr hilfreich und entspricht im Wesentlichen der Hilfengebung.Zügel:
Schulterherein soll mit Stellung und Biegung geritten werden. Die Stellung wird erreicht, indem der innere Zügel leicht angenommen wird. Der äußere Zügel gibt geringfügig nach, um die Stellung zuzulassen und verwahrt dann. Der innere Zügel wird so leicht wie möglich geführt und korrigiert gegebenenfalls kurzzeitig die Stellung.
Schenkel:
Der innere Schenkel liegt treibend am Gurt und bildet mit dem äußeren Zügel die diagonale Hilfengebung. Er soll die Vorwärtstendenz erhalten und das innere Hinterbein untertreten lassen. Der äußere Schenkel liegt verwahrend eine Handbreit hinter dem Gurt und verhindert ein Ausweichen der Hinterhand. Zügel- und Schenkelhilfen zusammen ergeben die geforderte Längsbiegung.
Gewicht:
Laut FN ist das Reitergewicht nach innen verlagert. Die Gewichtsverlagerung ergibt sich automatisch, wenn der äußere Schenkel aus der Hüfte heraus zurückgenommen wird. Es gibt aber auch andere Meinungen namhafter Reiter und Ausbilder (siehe: Hinweise).
Hinweise und mögliche Fehler:
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Für das Pferd sind die Gewichtshilfen zunächst irritierend, weil es bisher gelernt hat, sich unter dem Reiter auszubalancieren, indem es dem Reitergewicht folgt. Beim Schulterherein sitzt der Reiter jedoch gegen die Bewegungsrichtung. Daher vertreten viele Ausbilder die Meinung, das Reitergewicht in dem Moment zur Mitte oder sogar nach außen zu verlagern, indem man beginnt, auf drei Hufschlaglinen zu reiten.
Begründung: Grundsätzlich soll der Reiter in die Bewegungsrichtung des Pferdes schauen. Und zwar nicht nur mit den Augen, sondern mit Kopf und Oberkörper (Drehsitz). Beherzigt er das auch bei diesr Übung, müsste er nach der Einleitung des Schulterhereins die Blickrichtung ändern. Dadurch würde automatisch sein Gewicht zur Sattelmitte und damit in die Bewegungsrichtung des Pferdes verlagert, so wie es nach der Gleichgewichtstheorie sein sollte. Für die Beibehaltung der Biegung ist diese Gewichtsverlagerung jedoch nachteilig. Letztlich ist die Harmonie zwischen Pferd und Reiter das entscheidende Kriterium. - Takt und Bewegungsfluss müssen auf jeden Fall erhalten bleiben.
- Der innere Schenkel muss gegebenenfalls etwas mehr treiben, damit das Pferd nicht auf die Idee kommt, abzuwenden.
- Wenn der äußere Zügel zu sehr angenommen wird und die Stellung nicht zulässt, wird das Pferd versuchen, dem Druck auszuweichen und sich im Genick verwerfen.
- Wenn der innere Zügel zu sehr angenommen wird, fällt das Pferd über die äußere Schulter aus. Dadurch wird das innere Hinterbein beim Untertreten behindert.
- Die Lektion wird mit einem zu großen Abstellwinkel und ohne Längsbiegung geritten (vergleichbar dem Schenkelweichen).
- Das Pferd wird mit zu viel Stellung und zu wenig Längsbiegung geritten.
- Nach Beendigung der Lektion muss das Pferd wieder korrekt gerade gestellt werden, indem die Vorhand auf den Hufschlag zurückgeführt wird.
Konterschulterherein
Schulterherein Konterschulterherein
Das Konterschulterherein ist im Gegensatz zum Schulterherein keine Prüfungslektion, sondern eine reine Trainingseinheit. Die Übung wird auf dem zweiten oder dritten Hufschlag geritten, damit die Vorhand - unter Beibehaltung der Stellung und Biegung - in Richtung Bande geführt werden kann (und nicht die Hinterhand in Richtung Bahninneres!).
Die Lektion verbessert die symmetrische Längsbiegung und damit das Geraderichten, weil die Anforderungen an die Muskulatur der hohlen und festen Seite des Pferdes vertauscht werden. Die Lektion ist etwas schwieriger zu reiten, weil die Hinterhand nicht mehr durch die Bande "bewacht" wird. Dafür übernimmt die Bande nun mehr die Aufgabe, das Pferd auf gerader Linie zu halten. Gleichzeitig wird der innere Schenkel unterstützt. Auf der festen Seite des Pferdes kann sich das vorteilhaft auswirken.
Das Reiten von Seitengängen auf gebogenen Linien ist nicht nur anspruchsvoller, es hat auch einen erhöhten Trainingseffekt. Die Unterschiede zu den Konterlektionen werden hierbei deutlich und können besser genutzt werden (siehe Beispiele).
Beispiele:
Entwicklung des Schulterhereins aus der Volte unter Mitnahme der Biegung. Anfangs sollte man sich mit wenigen Tritten begnügen, das Pferd überschwänglich loben und es wieder korrekt geradestellen.Schulterherein mit anschließendem Tritte verlängern bietet sich an, weil das Pferd versammelt ist und nur darauf wartet, die Schubkraft aus der Hinterhand ins Vorwärts entfalten zu können.
Schulterherein und Konterschulterherein auf gebogenen Linien erfordern vom Pferd und Reiter mehr Geschicklichkeit. Die nachfolgende Übung verbessert sowohl die Versammlung als auch die symmetrische Längsbiegung und damit auch das Schulterherein selbst. Es ist sinnvoll, den Zirkel so anzulegen, dass ein Wechsel von der hohlen Seite des Pferdes zu seiner festen Seite erfolgt.
Begründung: Auf dem Zirkel ist das Konterschulterherein für das Pferd anstrengender. Es muss mit dem inneren (hier dem rechten!) Hinterbein weit unter den Schwerpunkt treten, um auf der Zirkellinie zu bleiben. Der Reiter versucht, das Pferd mit dem inneren Schenkel und dem äußeren Zügel auf dieser Linie zu halten. Dabei muss das Perd bereitwillig an den äußeren Zügel herantreten und sich vermehrt aufnehmen. Beides ist gewünscht und erhöht den Trainingseffekt.
Wird anschließend aus dem Zirkel unter Beibehaltung von Stellung und Biegung gewechselt, geht die Übung nahtlos ins Schulterherein über. Jetzt hat das innere Hinterbein gegenüber dem äußeren den kürzeren Weg. Es muss sich zwar mehr beugen, aber es fällt dem Pferd leichter, unter den Schwerpunkt zu treten. Das Pferd empfindet den Wechsel aus der anstrengenden Konterstellung hinein in das leichtere Schulterherein als angenehm, verbindet dieses Gefühl mit dem Schulterherein und akzeptiert wahrscheinlich auch die Biegung auf seiner festen Seite eher. Anschließendes Leichttraben bewirkt eine weitere Motivation.
(Ausführliche Beschreibung siehe: Seitengänge auf gebogenen Linien).
Beispiel für ein linksschiefes Pferd