Renvers

Renvers ist die Konterlektion zum Travers. Weniger gebräuchlich ist die Bezeichnung Kruppeheraus. Da der Renvers spiegelbildlich zum Travers geritten wird, sind die beiden Lektionen auf freier, gerader Linie - wie alle Konterlektionen - nicht voneinander zu unterscheiden. Erst an der Bande und auf gebogenen Linien wird der Unterschied sichtbar.
Beim Renvers bleibt die Hinterhand auf dem Hufschlag und die Vorhand wird so weit in die Bahn hinein- geführt, dass der Abstellwinkel zur Bande etwa 30° beträgt. Dabei ist das Pferd in die Bewegungsrichtung gestellt und gebogen. Wie beim Travers, hat auch hier das äußere Hinterbein den längeren Weg und muss übertreten. Es entstehen ebenfalls vier Hufschlaglinien.
Der Renvers hat dieselbe gymnastische Wirkung wie der Travers. Durch den Wechsel zwischen den beiden Lektionen - oder auch in Verbindung mit anderen Lektionen - wird darüber hinaus die Aufmerksamkeit, das Gleichgewichtsgefühl und die Durchlässigkeit des Pferdes geschult.







Hilfengebung:

Die Hilfengebung unterscheidet sich grundsätzlich nicht vom Travers. Lediglich die Einleitung und das Beenden des Renvers erfolgt entgegengesetzt. Während beim Travers am Wechselpunkt die Hinterhand in die Bahn geführt bzw. zurückgeführt wird, ist es beim Renvers die Vorhand.
Trotzdem ist das Reiten des Renvers in der Praxis schwieriger. Der Grund dafür ist, dass dem Pferd im Kopf- und Schulterbereich die seitliche Führung durch die Bande fehlt. Der Reiter muss also durch gefühlvolle und gut abgestimmte Hilfengebung sein Pferd darin hindern, in die Bahn zu treten oder gegen die Bande zu drängeln.

Zügel:
Renvers wird mit Stellung und Biegung geritten. Die Stellung wird erreicht, indem der innere Zügel leicht angenommen wird. Der äußere Zügel gibt geringfügig nach, um die Stellung zuzulassen und verwahrt dann. Der innere Zügel wird so leicht wie möglich geführt und korrigiert gegebenenfalls kurzzeitig die Stellung. In Verbindung mit den Gewichts- und Schenkelhilfen ergibt sich die geforderte Längsbiegung.

Schenkel:
Der innere Schenkel liegt treibend am Gurt und bildet mit dem äußeren Zügel die diagonale Hilfengebung. Er soll die Vorwärtstendenz erhalten und ist für die Längsbiegung mitverantwortlich. Der äußere Schenkel liegt verwahrend eine Handbreit hinter dem Gurt und sorgt für die Vorwärts-Seitwärts-Bewegung. Gleichzeitig wirkt er als Gegenüber zum inneren Schenkel und erhält die Längsbiegung.

Gewicht:
Durch den aus der Hüfte zurückgenommenen äußeren Schenkel wird das Reitergewicht automatisch nach innen verlagert. Der Reiter sitzt also in die Bewegungsrichtung des Pferdes im Einklang mit der Gleichgewichtstheorie. (Das Pferd folgt der Gewichtsverlagerung des Reiters.)



Hinweise und mögliche Fehler:

Die Fehler, die der Reiter eventuell (noch) beim Travers macht, werden sich beim Renvers genauso auswirken. Weitere Fehler können durch die fehlende Führung der Bande im Kopf-Schulterbereich des Pferdes auftreten. Viele Reiter versuchen, dies durch vermehrte Zügeleinwirkung zu kompensieren und "verschlimmbessern" dadurch die Situation. Das Pferd wird zu sehr gestellt oder zu eng im Hals gemacht. Mangel an Losgelassenheit, Takt, Fleiß und Harmonie sind die Folge.



Beispiele:

Das Erlernen des Renvers setzt beim Pferd ein relativ hohes Ausbildungsniveau voraus. Das hat den Vorteil, dass zum Einüben auf unterschiedliche Lektionen zurückgegriffen werden kann und damit mehrere Lösungswege zur Verfügung stehen. Welcher für das Pferd am geeignetsten ist, muss der Reiter herausfinden.


Entwicklung des Renvers mit Hilfe einer einfachen Schlangenlinie. Am Wechselpunkt setzt man zu einer einfachen Schlangenlinie an, die jedoch nicht ausgeführt wird. Sobald das Pferd sich mit seiner Vorhand vom Hufschlag löst, wird es ohne Hektik in die Bewegungsrichtung umgestellt und um den neuen, inneren Schenkel gebogen. Wenige Tritte und nur wenig Abstellung sind für den Anfang genug. Und nicht vergessen: Loben!

Aus dem Schulterherein ergibt sich ein ähnlicher Ansatz. Das Pferd bewegt sich mit seiner Vorhand bereits im Bahninneren. Es braucht "nur noch" in die Bewegungsrichtung gestellt und gebogen werden.



Die Kurzkehrtwendung bietet sich an, weil das Pferd schon in richtiger Stellung und Biegung zum Hufschlag zurückkehrt und damit eine optimale Ausgangsposition für den Renvers hat. Allerdings muss das Pferd die Kurzkehrtwendung sicher beherrschen und bereits ein hohes Maß an Durchlässigkeit besitzen.

Die Entwicklung des Renvers vom zweiten Hufschlag, indem die Hinterhand auf den ersten Hufschlag geführt wird, ist für das Pferd relativ einfach, weil es die Hilfengebung vom Travers kennt. Als Zwischenschritt sicher auch akzeptabel. Nur muss bei Prüfungen nicht die Hinterhand zur Bande, sondern die Vorhand ins Bahninnere geführt werden!

Im Renvers aus dem Zirkel wechseln ergibt unter Beibehaltung von Stellung und Biegung einen nahtlosen Übergang in den Travers. Die Übung kann zur Verbesserung des Travers beitragen.
Begründung: In diesem Beispiel muss das Pferd auf beiden Zirkeln mit dem linken (äußeren) Hinterbein unter seinen Schwerpunkt treten. Während des Renvers muss dieses Hinterbein einen größeren Weg beschreiben, um auf der Zirkellinie zu bleiben, als anschließend beim Travers. Das Pferd wird sehr wahrscheinlich beim Zirkelwechsel die ausgeprägte Bewegung vom Renvers ins Travers übernehmen, damit den Travers verbessern und gleichzeitig die Entlastung als Belohnung empfinden. Auch hier ist ein anschließendes, frisches Vorwärts im Leichttraben angebracht.
(Ausführliche Beschreibung siehe: Seitengänge auf gebogenen Linien).