Reiten auf gebogenen Linien

Die Gymnastizierung des Pferdes steht beim Dressurreiten im Mittelpunkt. Ziel ist es, die Längsbiegung sowie die Schub- und Tragkraft zu verbessern (siehe: Ausbildungsskala, Stellung/Biegung und Geraderichten).
Die Entwicklung der Längsbiegung beginnt mit dem Reiten auf großen, gebogenen Linien. Bei korrekter Hilfengebung lernt das Pferd auch in Wendungen mit seinen Hinterbeinen in die Spur der Vorderbeine zu fußen. Die Längsbiegung der Wirbelsäule sollte im Idealfall deckungsgleich mit der Hufschlaglinie sein. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass der Durchmesser von Wendungen von der Biegsamkeit und damit vom Ausbildungsstand des Pferdes bestimmt wird. (Prüfungsanforderungen für Trab-Volten:   Klasse A = 10 m; L = 8 m; ab M = 6 m.)
Eine übermäßige Biegung ist kontraproduktiv. Sie erzeugt Spannungen, Verwerfen im Genick und führt zu Taktfehlern.

Unabhängig vom gymnastischen Wert sollte ein fortgeschrittener Reiter in der Lage sein, sein Pferd exakt auf einer vorgegebenen Linie zu reiten. Das gilt nicht nur für das Dressurviereck, sondern ebenso im Gelände und im Springparcours.


Hilfengebung

Beim Reiten auf gebogenen Linien wird das Pferd grundsätzlich gestellt und gebogen.
Dazu muss auch der Reiter sich etwas (ver)biegen. Sein Oberkörper sollte parallel zur Pferdeschulter und seine Hüfte parallel zur Hüfte des Pferdes ausgerichtet sein.
Einleitend wird mit dem inneren Zügel die Stellung gefordert. Der äußere Zügel ist passiv. Er muss einerseits die Stellung und die Biegung im Hals- und Schulterbereich zulassen und sie gleichzeitig begrenzen. (Das geschieht automatisch, wenn der Reiter den beschriebenen Drehsitz einnimmt und seine Ellenbogen locker am Körper anlegt.)
Der innere Schenkel ist für das Vorwärts und für die Rippenbiegung verantwortlich. Zur Unterstüzung der Biegung wird der äußere Schenkel verwahrend zurückgenommen. Man spricht in diesem Zusammenhang von diagonaler Hilfengebung. Der innere Schenkel treibt das Pferd an die begrenzenden Hilfen (äußerer Zügel und verwahrender Schenkel). Dadurch wird der innere Zügel nahezu überflüssig. Er erinnert das Pferd nur noch bei Bedarf an die Erhaltung der Biegung.
Nach der Gleichgewichtstheorie soll der Reiter sein Gewicht auf gebogenen Linien auf den inneren Gesäßknochen verlagern. Dies geschieht automatisch, wenn er das äußere Bein gestreckt aus der Hüfte zurücknimmt (siehe auch: Sitz und Hilfengebung).



Hinweise und mögliche Fehler:




Beispiele:

Der 1. Hufschlag zählt zwar nicht zu den gebogenen Linien, trotzdem entspricht das Durchreiten der Ecken einer Viertelvolte mit einem Radius von 5, 4 oder 3 Metern. Wie tief in die Ecken hineingeritten werden kann, hängt auch hier von der Biegsamkeit und dem Ausbildungsstand des Pferdes ab. Eine korrekt durchrittene Ecke bietet eine gute Möglichkeit, sein Pferd (wieder) an die Hilfen zu stellen.

Die einfache Schlangenlinie sollte in einem weichen Bogen geritten werden und nicht über die Vietellinie hinausgehen. Das Umstellen erfolgt ein bis zwei Pferdelängen nach bzw. vor den Wechselpunkten.

Die doppelte Schlangenlinie reicht nur 2,5 m in das Viereck hinein. Sie ist eine anspruchsvolle Lektion und erfordert schon ein gewisses Maß an Durchlässigkeit. Damit das Pferd den Wendungen ruhig und gelassen folgen kann, muss die Lektion im versammelten oder zumindest im verkürzten Arbeitstrab geritten werden.

Slalom auf der Mittellinie ist zwar keine prüfungsrelevante Lektion. Sie fordert jedoch vom Pferd noch mehr Konzentration, weil die unterstützende Wirkung der Bande fehlt. Für den Reiter ist es eine gute Übung, um die Hilfengebung im Wechsel zwischen Links- und Rechtsbiegung und Geradestellung zu verinnerlichen.



Auf dem Zirkel geritten bleibt das Pferd gleichmäßig nach innen gestellt und gebogen. Hieraus ergibt sich die Zirkellinie, ohne dass der Zügel zusätzlich lenken muss. An der offenen Seite muss eventuell der verwahrende Schenkel etwas mehr eingesetzt werden, weil die unterstützende Wirkung der Bande fehlt. Für das Anlegen eines gleichmäßig runden Zirkels - insbesondere des Mittelzirkels - empfielt sich der Einsatz von Pylonen. Dadurch besteht die Möglichkeit, die Aufgabe gedanklich in Viertelkreise zu zerlegen und sich darauf beim Reiten zu konzentrieren.

Aus dem Zirkel wechseln erfolgt am Punkt X. Kurz vor Erreichen des Mittelpunktes wird das Pferd gerade gestellt. Nach einer Pferdelänge geradeaus wird auf der anderen Hand wieder Stellung und Biegung gefordert, ohne den Kopf des Pferdes herumzuziehen.

Durch den Zirkel wechseln erfolgt immer zur geschlossenen Seite. Die Wendung sollte anfangs so ausgeführt werden, dass auch hier das Pferd für eine Pferdelänge geradeaus gerichtet ist. Im fortgeschrittenem Stadium muss der Wechsel nahtlos und ohne große Zügeleinwirkung erfolgen. Es empfielt sich, mit der Übung im Schritt zu beginnen.



Volten erfordern vom Pferd ein Höchstmaß an Längsbiegung. Der Durchmesser muss dem Ausbildungsstand des Pferdes und der Gangart angepasst sein. Auf keinen Fall darf das Pferd in die Wendung hineingezogen werden. Zum Üben beginnt man am besten mit dem "Zirkel verkleinern". Das Reiten von Volten in den Bahnecken bietet ebenfalls eine gute Möglichkeit. Außerdem lässt sich hieraus sehr schön die Acht entwickeln.
Beginnt die Volte aus einer geraden Linie, so muss das Pferd bereits eine Pferdelänge vor Erreichen des Punktes, an dem abgewendet werden soll, nach innen gestellt und gebogen werden. Ein leichtes Nachgeben der Zügel und ein geringer Drehimpuls aus dem Oberkörper ist dann für das Pferd das Signal zum Abwenden.
Ähnlich wie beim Zirkel lässt sich auch eine Volte mit Hilfe einer Bodenstange optisch besser einteilen.

Die Kehrtvolte wird anfangs aus der Ecke und später auch von der Mitte der langen Seite geübt. Es ist eine Volte, die etwa zu zwei Dritteln geritten wird. Danach beendet der Reiter die Biegung und führt sein Pferd auf gerader Linie zum Hufschlag zurück. Energisches Vorwärtstreiben und ein sicher anstehender äußerer Zügel sind in diesem Moment wichtig.

In-die-Ecke-kehrt ist eine wenig bekannte Bahnfigur. Es ist eine in entgegengesetzte Richtung gerittene Kehrtvolte. Sie hat den Vorteil, dass für das Pferd durch die die begrenzende Wirkung der Bande der Weg vorgegeben ist und der Reiter kaum Zügelhilfen benötigt.



Schlangenlinien durch die ganze Bahn werden meistens in drei oder vier Bogen geritten. Sie beginnen und enden immer Mitte der kurzen Seite. Die räumliche Einteilung bereitet vielen Anfängern Probleme. Die visuelle Unterstützung durch Stangen und / oder Kegel sind deshalb sowohl für das Pferd als auch für den Reiter eine wertvolle Hilfe.
Die Schwierigkeit der Übung besteht in dem Wechsel aus korrekter Längsbiegung, Geradestellen und Umstellen. Wichtig ist die halbe Parade vor dem Umstellen, um das Pferd auf die entgegegengesetzte Längsbiegung vorzubereiten. Nur das Lenken mit den Zügeln wird immer eine schwankende und ausweichende Hinterhand zur Folge haben.
Die Übung lässt sich sehr gut durch Übergänge erweitern, indem auf der Mittellinie die Gangart gewechselt wird (z.B. Trab - Schritt - Trab), oder die einzelnen Bogen in unterschiedlichen Gangarten geritten werden (z. B. 1. Bogen: Trab; 2. Bogen: Galopp; 3. Bogen: Trab).