Vertrauen - Ziel der Kommunikation



Kommunikation

Allgemeines

Die Kommunikation zwischen Mensch und Pferd ist auf verschiedenen Ebenen möglich. Sie geschieht größtenteils über die Sinne für das Hören, Sehen und Fühlen. Der Geruchssinn wird vorwiegend für die innerartliche Kommunikation genutzt und der Geschmackssinn hat in diesem Zusammenhang lediglich bei der Belohnung mit Leckerlis eine indirekte Funktion.
Kommunikation findet meistens auf mehreren "Kanälen" gleichzeitig statt. Ein verbales Kommando geht fast immer mit Gestik, Mimik, Körperhaltung etc. einher und wird vom Pferd auch in diesem Kontext wahrgenommen. Deswegen ist es wichtig, dass verbale und nonverbale Signale die gleiche Botschaft übermitteln und sich in ihrer Aussage unterstützen und nicht widersprechen.


Lautsprache

Verbale Kommandos können Pferde nur schwer voneinander unterscheiden. Sie können zwar den Klang der Stimme erkennen und ihn als beruhigend, ermahnend, aufmunternd oder lobend interpretieren, Wortunterscheidungen fallen ihnen jedoch schwer. Werden Kommandos als verbale Hilfen benutzt - wie z. B. beim Longieren - sollten sie kurz sein, sich deutlich voneinander unterscheiden und langsam und akzentuiert ausgesprochen werden. Der Tonfall ist dabei wichtig, er vermittelt Ausdruck und Gefühl. Das Kommando "Te-rab" kann z. B. je nach Betonung (Heben oder Senken der Simme) eine Aufforderung zum Antraben als auch ein Übergang vom Galopp zum Trab bedeuten.
Stimmkommandos muss das Pferd erst lernen. Meist über den Umweg über die Körpersprache oder durch taktile Reize. Hat es den Zusammenhang jedoch begriffen, bietet die Lautsprache eine Möglichkeit zur feinen Kommunikation, zumal, wenn sie leise eingesetzt wird.


Taktile Sprache

Die taktile Sprache ist die ursprünglichste Form der Kommunikation. Unmittelbar nach der Geburt kommt es darüber zum ersten Kontakt zwischen Muttertier und dem Neugeboreren. Durch Berührungen (Abschlecken, Stubsen, Säugen etc.) werden Zärtlichkeit, Zuneigung, Wohlbefinden aber auch Schmerz vermittelt. Die ersten Eindrücke sind für die weitere Entwicklung prägend. (Beim umstrittenen Imprint -Training wird diese Phase genutzt.)
Beim Reiten erfolgt die Verständigung fast ausschließlich über taktile Reize. (In Dressurprüfungen sind verbale Hilfen sogar verboten.) Gewichts-, Schenkel- und Zügelhilfen sowie Gerte und Sporen sind die Kommunikationselemente. Der ausgeprägte Tastsinn ermöglicht es einem Pferd, geringste Berührungsreize wahrzunehmen und zu unterscheiden. Körperhaltung, Körperspannung, die Lage der Schenkel, die Höhe der Hand und sogar die Atmung des Reiters werden vom Pferd registriert. Ein losgelassener Sitz und vor allem eine vom Sitz unabhängige Reiterhand sind deswegen die wichtigsten Voraussetzungen für eine feine Hilfengebung. Grobe Einwirkungen sollten grundsätzlich vermieden werden; sie bereiten nur Schmerzen, verunsichern das Pferd und zerstören das Vertrauen.
Auch ein Lob kann über Berührungen ausgedrückt werden. Meistens werden die Pferde dafür mit der flachen Hand am Hals oder an der Schulter geklopft (einige dabei schon fast erschlagen). Schulterklopfen ist eine typische Männereigenart und in der Natur sonst nirgends zu beobachten. Pferde müssen sich an diese Art des Lobens erst gewöhnen. Ein Streicheln oder Kraulen wird dagegen von vornherein als angenehm empfunden.


Körpersprache

Pferde untereinander kommunizieren fast ausschließlich über die Körpersprache. Sie haben im Laufe der Evolutionsgeschichte eine sehr subtile Form der Verständigung entwickelt. Gestik, Mimik, Haltung, Bewegung und die räumliche Beziehung zueinander sind die wesentlichen Elemente, die sowohl einzeln als auch in in ihrer Kombination eine Aussage enthalten. (siehe auch:  Ethologie).

Während Lautsprachen sich bei den einzelnen Tierarten sehr unterschiedlich entwickelt haben, weisen Körpersprachen ein einheitlicheres Grundmuster auf. Ein menschliches Lächeln ist z. B. weltweit ein eindeutig wohlwollendes Signal, das sogar von den meisten Tieren so empfunden wird. Aber auch Stirnrunzeln, eine einladende Gestik oder ein abweisender Blick sind unmissverständlich.
Diese gemeinsame Basis der Verständigung erleichtert die Kommunikation zwischen Mensch und Pferd, insbesondere bei der Bodenarbeit. Im Gegensatz zum Reiten kann das Pferd bei der Bodenarbeit den Menschen sehen und seine körpersprachlichen Signale wahrnehmen. Mensch und Pferd begegnen sich auf Augenhöhe.
Ein Nachteil dieser Kommunikationsform besteht darin, dass der Mensch sich seiner Körpersprache kaum bewusst ist. Er sendet ständig (unkontrollierte) Signale aus, die ein Pferd entweder irritieren oder gleichgültig werden lassen. Dieser Aspekt wird bei der Bodenarbeit oft nicht beachtet und führt zu Misserfolgen. Eindeutige und für das Pferd verständliche Signale sind deswegen bei der nonverbalen Kommunikation besonders wichtig.


Körperhaltung und Ausdruck

In der Mensch-Pferd-Beziehung sollte das Pferd den Menschen grundsätzlich als ranghöheres Wesen respektieren. Nur dann ist es bereit, sich unterzuordnen, von ihm zu lernen und Vertrauen aufzubauen. Dazu muss der Mensch die Führung übernehmen. Ein selbstsicheres Auftreten, verbunden mit einer ruhigen und freundlichen Ausstrahlung, sind dabei die wichtigsten Eigenschaften, die sich auch in seiner Körpersprache widerspiegeln sollten.
Äußerliche Merkmale hierfür sind: Vermieden werden sollten auf jeden Fall ein schleichender oder zögerlicher Gang sowie hektische und fahrige Bewegungen.
Begründung:
Der "Führungsstil" wirkt sich im wahrsten Sinne des Wortes auf das Führen eines Pferdes aus. Eine klare Körpersprache signalisiert dem Pferd die Richtung, lässt es korrekt antreten, halten und die notwendige Distanz zum Menschen bewahren. Das Pferd unachtsam hinter sich herzuziehen, hat dagegen mit Führen nichts gemeinsam!
(Siehe auch:   Reitstunde-online.de / Boden-arbeit / am Führseil / Führen - Treiben - Halten)


Position und Blickrichtung

Für ein dominantes Auftreten sind nicht nur die eigene Körperhaltung, sondern auch die richtige Position und die Blickrichtung entscheidend. Position und Blickrichtung signalisieren dem Pferd, in welche Richtung es sich bewegen soll. Die Körperhaltung verleiht einer Aufforderung den gewünschten Nachdruck.
Die Position ist gekennzeichnet durch die Stellung und den Winkel zum Pferd, genauer gesagt, zu den einzelnen Zonen des Pferdes. Es sind die vier Bereiche: Kopf und Hals, Schulter, Gurtlage und Hinterhand. In jeder Zone zeigt das Pferd typische Reaktionen. Nähert man sich energisch dem Kopf-Hals-Bereich oder visiert diesen mit strengem Blick an, wird das Pferd sich von einem abwenden. Die Schulter stellt eine neutrale Zone dar. Der Bereich hinter der Gurtlage wirkt vorwärtstreibend. Eine Annäherung an die Hinterhand, bzw. der Blick in die Richtung veranlasst das Pferd, mit der Hinterhand zu weichen und sich einem zuzuwenden. Eine weitere Zone liegt unmittelbar vor dem Pferd. Sie wirkt bremsend auf die Vorwärtsbewegung.


Pferdetypische Reaktionen
Zone 1:
Pferd wendet sich von einem ab
Zone 2:
neutraler Bereich
Zone 3:
vorwärtstreibende Wirkung
Zone 4:
Pferd wendet sich
einem zu


Damit das Pferd reagiert, muss man sich der jeweiligen Zone nicht nur mit den Augen, sondern mit dem ganzen Körper zuwenden. Man muss den Willen haben, das Pferd zu bewegen! Es muss die abweisende Haltung in diesem Bereich spüren.


Fazit

Bei der Bodenarbeit kommen alle Kommunikationsformen zur Anwendung. Die Körpersprache hat dabei die größte Bedeutung. Der Vorteil der Körpersprache liegt darin, dass Pferde diese Sprache verstehen. Sie brauchen sie nicht erst zu lernen. Im Gegensatz zum Menschen, der diese Sprache zwar auch spricht, aber sie größtenteils unbewusst einsetzt. Er muss lernen, im Umgang mit Pferden, klare körpersprachliche Signale gezielt einzusetzen - am besten unter fachkundiger Anleitung und Beobachtung. (Es ist schwieriger als man zunächst glaubt!)
Pferde in der Herde zu beobachten, ist ein weiterer Schritt und gut investierte Zeit, um die Kommunikation mit ihnen zu verbessern und sie besser zu verstehen.